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  22.10.2001
9,5mm – das erste Amateur-Filmformat (Teil 4
)

BOLEX – die ersten Filmkameras «Made in Switzerland»

Im Jahre 1914 lässt sich ein Russe in der Schweiz nieder um die legendäre Herstellerin von kinematographischen Geräten auf die Beine zu stellen.

Von Ernst Wolfer

Freuden und Leiden des Filmamateurs
Um 1920 hatte der Filmer die Wahl zwischen neun verschiedenen Filmformaten. Was immer er wählte, das Filmen war mit reichlich Mühe verbunden. Zuerst musste ein Negativfilm belichtet und entwickelt werden. Dann wurde der Streifen auf Positiv kopiert und entwickelt. Die meisten Kameras waren gleich für alle Operationen eingerichtet: Belichten, Kopieren, Entwickeln. Ob dies die Arbeit erleichterte, darf bezweifelt werden. Zudem war die Filmerei nicht ungefährlich, bestand das Filmmaterial doch aus Nitrozellulose, die explosionsartig abbrennen konnte. «In Berlin ist im Jahre 1919 wieder ein Mann ins Krankenhaus gebracht worden, weil bei einer Kinovorführung im Heim etwa 200m Film in Brand geraten waren», meldete eine Amateurzeitschrift als Warnung. Obwohl der unbrennbare Sicherheitsfilm aus Acetatzellulose schon 1908 erfunden worden war, setzte er sich nur langsam und oft erst nach gesetzlichen Vorschriften durch.

Ein Russe in Genf
«Er hat viele Namen. Er stammt aus Russland, lebt in der Schweiz, in Amerika und in Deutschland. Er ist umtriebig, genial, wirft zahllose Fragen auf, die unbeantwortet bleiben. Nur eines ist bei diesem geheimnisumwitterten Mann stets unverändert: sein Vorname Jacques»(1). Jacques Bogopolsky wurde 1895 in der Ukraine geboren. 1914 kam er in die Schweiz, wo er sich Boolsky nannte, um Medizin und Kunst zu studieren. Doch bald wandte er sich der Konstruktion von Filmkameras zu. Im Alter von 24 Jahren erfand er den "Cinégraphe Bol" ein Universalgerät für Filmaufnahmen in 35mm, für Kleinbildfotografie, für Diaprojektion und für die Herstellung von Kopien. Für die Produktion des Apparates gründete er in Genf die "Bol-Compagnie AG", die erste schweizerische kinematographische Firma. - Ebenfalls in Genf gründete er 1923 den ersten Filmamateurklub der Welt und war erster Zentralpräsident des BSFA (Bund schweiz. Film-Amateure).
Die Produktion des Cinègraphe Bol wurde aufgegeben, als 1925 der Normalfilm den Formaten des Schmalfilms weichen musste. Boolsky schuf sofort die 16mm-Filmkamera "Bolex" und einen passenden Projektor. 1927 wurde die Marke BOLEX rechtlich geschützt. 1930 erwarb die Paillard AG alle Bolex-Rechte und damit begann der Siegeszug der Marke Bolex um die ganze Welt. Der weitere Lebensweg von Jacques Boolsky sei hier nur noch stichwortartig angeführt: 1938 Erfindung der Kleinbildkamera "Alpa-Reflex" - B. wandert 1939 nach den USA aus und nennt sich dort Bolsey. Beratender Ingenieur bei verschiedenen Industriegesellschaften und der amerikanischen Marine. 1941 eigenes Unternehmen "Bolsey Laboratories Inc.". Herstellung von Kameras und Forschung. 1954 Erfindung der kleinsten Kamera der Welt, der Bolsey-8 (3x6,5x7,9 cm, 380 g), Vorsitzender zahlreicher Gesellschaften. Kurz, eine Forscher- und Unternehmerpersönlichkeit, wie man sie lange suchen muss. - Am letzten Tag des Jahres 1962 stirbt Bogopolsky, alias Boolsky, alias Bolsey. Fortsetzung folgt!


1. Jürgen Lossau: «Filmkameras», Atoll Medien, Hamburg, 2000 (mit ausführlicher Biografie von Boolsky)
2. Max Abegg: «Wie es zur Weltmarke Bolex kam», Film&Foto, Jan 1973.


Die Cinégraphe Bol mit Objektiv konnte auch zum Projektor umgerüstet werden.


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